Betroffene berichten
Hier berichten Betroffene, wie ihnen genomische Diagnostik, auch in Zusammenhang mit der Therapiefindung, geholfen hat.
WES-Nebenbefund sichert engmaschige kardiologische Betreuung
"Als Nebenbefund wurde eine Mutation für die seltene genetische Herzerkrankung ARVC (arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie) gefunden, von der auch ich selbst betroffen bin, obwohl ich keinerlei auffällige Symptome hatte. Diese Erkrankung kann unbehandelt zum plötzlichen Herztod führen und dank des WES bin ich nun durch einen implantierten Defibrilator („Defi“) geschützt. Außer mir gibt es noch mehr Betroffene in der Familie, die alle vorher nichts von der potentiell lebensbedrohlichen Erkrankung wussten und nun in engmaschiger kardiologischer Betreuung sind. Ohne die genetische Untersuchung wäre die Veranlagung nie festgestellt worden, und möglicherweise wäre ein Familienmitglied plötzlich und ohne Vorwarnung verstorben wie es einigen nicht diagnostizierten Menschen mit ARVC passiert."
Gentests in der personalisierten Therapie - zielgerichtetes Medikament erhöht Überlebenschance
Dabei handelt es sich um Gentests am Tumorgewebe, um genetische Veränderungen zu finden, die Ursache für den Krebs sind und das Tumorwachstum begünstigen. Zusätzlich gab es glücklicherweise bereits ein vielversprechendes zielgerichtetes Medikament, das erstaunlich gute Resultate in einer frühen Studie mit einigen wenigen Patienten in den USA erzielt hatte. Das war damals meine letzte Chance. Das Revolutionäre an meiner personalisierten Therapie mit einem zielgerichteten Medikament ist, dass die Tabletten die Tumorzellen zielgerichtet bekämpfen. Während ich bei den Chemotherapien unter typischen Nebenwirkungen litt, verbesserte das neue Medikament meine Lebensqualität. Heute gehe ich mit Lungenkrebs um wie mit einer chronischen Erkrankung.“
Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis der Stiftung Deutsche Krebshilfe.
Den gesamten Bericht lesen Sie hier: https://www.krebshilfe.de/blog/lungenkrebs-erfahrung-personalisierte-medizin-als-quantensprung/
Frühe Diagnose heißt Chance auf Prävention
Ruth Billers Tochter ist mit 14 Jahren völlig überraschend an einem plötzlichen Herztod gestorben. Erst eine genetische Untersuchung nach deren Tod führte zu der Aufdeckung eines seltenen Gendefektes. Hier berichtet Ruth Biller, die als Vorsitzende der ARVC-Selbsthilfe e. V. sowie der europäischen Patientenvertreterinnen und -vertreter im Europäischen Referenznetzwerk ERN GUARD-Heart aktiv ist, wie genetische Untersuchungen Leben retten können, auch postum.
Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie (ARVC)
Die Symptome, die mit ARVC einhergehen, sind sehr unspezifisch. Dazu zählen etwa Herzrhythmusstörungen, Herzstolpern, Herzrasen, Schwindel, vorübergehende Bewusstlosigkeit und im Extremfall der plötzliche Herztod. Da die Betroffenen zudem oft sehr jung sind und als gesund gelten, erleben sie häufig jahr- bis jahrzehntelange diagnostische Odysseen, Fehldiagnosen inklusive.
Vielen wird z.B. jahrelang gesagt, sie hätten eine Myokarditis, also eine Herzmuskelentzündung. Ein fataler Irrtum. Denn während eine Myokarditis ausheilen und ein von den behandelnden Ärzten ausgesprochenes Sportverbot bald wieder aufgehoben werden kann, führt bei einer ARVC hochintensiver Sport zu einer Verschlimmerung der Erkrankung. Im weiteren Verlauf kommt es nicht selten zu lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen. Eine frühzeitige korrekte Diagnose kann Leben retten.
Mit einem Gentest Mutationen im Familienkreis aufspüren
Gentest
Ein Gentest gehört zum Standard in der Diagnosestellung und ist ein wichtiger Bestandteil der für ARVC geltenden Diagnosekriterien. Steht die Diagnose fest, können Herzrhythmusstörungen durch Medikamente reduziert werden. Bei hohem Risiko kann durch einen implantierten Defibrillator, der bei lebensbedrohlichen Rhytmus-Störungen wie der Notarzt von außen einen Schock abgeben und so einen plötzlichen Herztod verhindern.
Genveränderung erkennen kann Leben retten
Da die Erkrankung zu 50 Prozent an die Nachkommen vererbt wird, können durch die Untersuchung der Angehörigen auf die entdeckte Genveränderung weitere gefährdete Personen identifiziert werden. In unserer Selbsthilfeorganisation passiert es deswegen permanent, dass in Familien auf einen Schlag viele Betroffene entdeckt werden, die das Risiko für einen plötzlichen Herztod haben, sich aber völlig gesund fühlen und keine oder kaum Beschwerden haben. Von der Genmutation zu wissen, kann also potentiell Leben retten und einen Tod, von dem auch junge Menschen betroffen sein können, verhindern.
Genetische Untersuchungen im Verdachtsfall auch nach dem Tod
Obduktionen bringen Ursachen an Licht
Niemand sollte erleben müssen, dass das eigene Kind unerwartet mit 14 Jahren einen plötzlichen Herztod stirbt, so wie meine Tochter. Erst eine genetische Untersuchung nach ihrem Tod brachte die Ursache ans Licht. Aus diesem Grund kämpfen wir von der ARVC-Selbsthilfe dafür, dass bei verstorbenen Menschen unter 50 Jahren eine Obduktion sowie eine genetische Untersuchung durchgeführt werden, und diese außerdem von der Krankenkasse übernommen wird.
Genetische Herzerkrankungen rechtzeitig diagnostizieren
Neben ARVC gibt es noch weitere genetische Herzerkrankungen, die als Ursache für einen plötzlichen Herztod infrage kommen und deren Aufdeckung für die überlebenden Familienangehörigen von essentieller Bedeutung ist. Bei Myokarditis (Herzmuskelentzündungen), unklaren Synkopen (vorübergehender Bewusstlosigkeit), unklarer Herzschwäche und unklaren Herzrhythmusstörungen sollte viel öfter ein Gentest durchgeführt werden, um eine genetische Herzerkrankung als Ursache zu diagnostizieren oder aber auszuschließen. Denn erst dann können Symptome behandelt, lebensrettende Maßnahmen ergriffen und Betroffene geschützt werden, und den Familien bleibt viel Leid erspart.
20 Jahre Weiterleben dank Genommedizin - Martina Krämer
Genommedizin ist eine große Chance für Mutationsträgerinnen und -träger. Sie schafft für erkrankte und nicht erkrankte Mutationsträgerinnen und -trägergroße Chancen. Es ist in ihrem Interesse erstrebenswert, wenn sie umfassend zur Verfügung steht. Der Anfang wurde vor einigen Jahren gemacht. Eine systematische und interdisziplinäre Weiterentwicklung sowie Verankerung in unserem Gesundheitswesen sind aus meiner Sicht und der meiner Familie sehr wünschenswert.
Gezielte Präventionsprogramme für Hochrisikopatientin
Als Trägerin einer erblichen Mutation verfolge ich die Genommedizin mit großem Interesse. Bereits mit Beginn meiner Krebserkrankung habe ich in kleinen Schritten gezielt von den neuesten medizinischen Erkenntnissen profitiert. So wurde ich als Hochrisikopatientin eingestuft. Die Forschung hat schon vor zwanzig Jahren entdeckt, dass Patientinnen mit einer BRCA1-Mutation eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit in sich tragen, erneut an Brust- und Eierstockkrebs zu erkranken. Ein Fluch und trotzdem gleichzeitig ein Segen, wie ich für mich feststellte. Denn dieses Wissen birgt die Chance, mit engmaschiger medizinischer Betreuung der Krankheit entgegenzutreten.
1999 an Brust- und 2003 an Eierstockkrebs erkrankt, wurde ich nach meinem positiven Gentest in das intensivierte Brustkrebs Früherkennungs- und Nachsorgeprogramm aufgenommen. 2006 wurde im Rahmen der Nachsorge das erste Rezidiv des Eierstockkrebses frühzeitig entdeckt, dem zwei weitere Eierstockrezidive folgten. Operationen, Chemotherapien, Bestrahlung waren immer wieder notwendig. Dennoch haben mir die letzten 20 Jahre gezeigt, dass mit dem Fortschritt der Genommedizin, für mich als Patientin, ein Leben mit dieser schweren Krankheit möglich sein kann. Zu Zeiten meiner Eltern und Großeltern war die Medizin bei weitem noch nicht so weit.
Passgenaue Therapien helfen Rückkehr von Krebserkrankungen aufzuhalten
Einen weiteren medizinischen Durchbruch stellt seit einigen Jahren bei Krebspatientinnen und -patienten eine passgenaue Therapie dar, die besonders wirksam ist, wenn Krebszellen Veränderungen in einem BRCA-Gen aufweisen. Ziel dieser Behandlungsmethode ist es, die Tumorkontrolle, die mithilfe der Chemotherapie erreicht wird, möglichst lange aufrechtzuerhalten und/oder zu stabilisieren. So soll eine Rückkehr der Krebserkrankung verhindert oder verzögert werden. Aufgrund dieses Fortschritts besteht die Hoffnung, dass zukünftig lebensbedrohende Krebserkrankungen einen chronischen Verlauf nehmen könnten. Mir hat die Erhaltungstherapie, die individuell zu meiner Tumorart passt, eine rezidivfreie Zeit von fast sechs Jahren gebracht. Die längste gesunde Zeit seit meiner Erkrankung mit 40 Jahren.
Das geht auch die Angehörigen an
Auch die genaue Analyse der Familienanamnese kann lebensrettend sein. Sie geht vor allem der Frage nach, ob nahe Angehörige und weiter entfernte Blutsverwandte von einer erblichen Mutation betroffen sein könnten. Bei mir wurde festgestellt, dass ich die Mutation von meinem Vater geerbt habe. Das heißt, unsere Kinder, meine Geschwister und die Verwandten in der väterlichen Linie können mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent ebenfalls den Gendefekt in sich tragen. Der Gentest, den unsere Tochter mit 25 Jahren durchführen ließ, brachte für sie eine große Entlastung. Sie hat die Mutation nicht geerbt und hat somit kein erhöhtes Krebsrisiko, genauso wie meine jüngste Schwester und damit auch ihre Kinder. Die Testung schenkte meiner Schwester im Alter von 45 Jahren noch einige Lebensjahre, die sie bewusst wahrnahm. Denn bei ihrer vorbeugenden Eierstockentfernung wurden bereits Krebszellen entdeckt, deren weitere Ausbreitung verhindert wurde. Unser Sohn kann sich noch nicht zu einem Gentest entschließen, aber er weiß, um die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Vererbung und die Möglichkeiten darauf zu reagieren.
Vorbeugende Operationen als eine Therapieoption
Mutationsträgerinnen mit erhöhtem Brustkrebsrisiko, die noch nicht erkrankt sind oder auch nach Erkrankung können sich im Rahmen eines intensivierten Früherkennungs- und Nachsorgeprogramms unter Einbeziehung der Sonographie, Mammographie und Kernspintomographie halbjährlich untersuchen lassen, um frühzeitig eine Erkrankung oder einen Rückfall zu erkennen. Ihnen steht auch die Möglichkeit einer vorbeugenden Entfernung des Brustdrüsengewebes offen, um das Risiko einer Erkrankung zu reduzieren. Die Entfernung der Eierstöcke und Eileiter kann eine Erkrankung verhindern.
Familiensache Krebs: Unser Risiko. Mein Weg.
Das BRCA-Netzwerk e.V. hat einen Film realisiert, der zu erblichen Krebserkrankungen informiert. Im Fokus steht dort insbesondere das Risiko, aufgrund einer erblichen Belastung an Brust- und/oder Eierstockkrebs zu erkranken. Hier geht es zur Kurzfassung auf YouTube
Wie bei mir die Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP) entdeckt und behandelt wurde
Beim Rodeln Mitte der 80iger Jahre im Thüringer Wald im Alter von 41 Jahren verstauchte ich mir mein Genick derart, dass ich zur Schmerzbehandlung meinen Orthopäden aufsuchen musste. Zufällig wurde dabei auch ein vermeintlich entzündetes Ohrläppchen entdeckt. Die genaue Untersuchung bestätigte allerdings eine Hauttuberkulose.
Zufallsbefund sichert Diagnose einer Familiären Adenomatösen Polyposis coli
Während meines Hautklinikaufenthaltes wurde ich auf mögliche andere Tuberkuloseherde untersucht. Es wurden keine gefunden. Beim Röntgen und später bei der Dickdarmuntersuchung sind jedoch zufällig zahlreiche Polypen entdeckt (Polyposis) worden. Meinen Magen-Darm-Beschwerden, die zwar unangenehm waren, hatte ich bis dahin keine große Bedeutung zukommen lassen. Weitere spezielle Untersuchungen sicherten die Diagnose der Familiären Adenomatösen Polyposis ab. Diese war bereits in einem fortgeschrittenen Stadium. Mir wurde zu einer Operation mit Entfernung des gesamten Dickdarmes sowie zur Anlage eines endgültigen Ileostomas (künstlicher Darmausgang am Dünndarm) dringend geraten.
Im Februar 1986 erfolgte dann die Operation. Es wurde versucht, einen ileoanalen Pouch herzustellen. Beim Pouch (englisch für Beutel) wird eine aus Dünndarmteilen angelegte „Tasche“ mit dem Schließmuskel verbunden und so die Stuhlausscheidung auf natürlichem Wege ermöglicht. Dies gelang wegen anatomischer Schwierigkeiten leider nicht. Das Ergebnis war ein endständiges Ileostoma , d.h. ein künstlicher Darmausgang. Heute bin ich 78 Jahre alt und mir geht es nach der Krebserkrankung gut.
Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP)
Die Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP) ist eine genetisch bedingte Erkrankung. Meine Mutationsform hat nur geringe Auswirkungen außerhalb des Verdauungstraktes. So gibt es lediglich Pigmentveränderungen im Augenhintergrund. In anderen Familien mit FAP sind weitere Tumore oder Veränderungen bekannt. Ich bin Erst-Betroffener in unserer Familie. Vermutlich war ich 1960 bei meiner Arbeit als Handwerker radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Daher könnte meine Spontanmutation kommen. Die Mutation kann allerdings an Kinder vererbt werden.
Genetische Blutuntersuchung um Vererbungsrisiko abzuklären
Die genetische Blutuntersuchung hat ergeben, dass drei meiner fünf Kinder diese Krankheit mit einer Sicherheit von 99 % nicht geerbt haben. Zwei Kinder haben die FAP geerbt. Mein ältester Sohn wurde im 14. Lebensjahr operiert. Mein jüngster Sohn war zunächst in regelmäßigen Abständen untersucht worden. Seine Operation wurde bis in die Zeit nach der Pubertät und nach der Ausbildung hinausgeschoben. Beide Söhne sind mittlerweile erwachsen und arbeiten als Handwerker. Der jüngste ist weltweit auf Montage unterwegs. Der Pouch funktioniert bei beiden mit wenigen Problemen. 2004 bzw. 2005 sind sie Väter geworden. Bei den Enkelkindern wurde inzwischen ebenfalls eine genetische Untersuchung durchgeführt, die ohne Befund war. Meine Söhne und ich sind unter regelmäßiger endoskopischer Kontrolle.
Engagement und Selbsthilfe
Bis 2019 hatte Gotthard Schramm verschiedene Funktionen in der Deutschen ILCO inne als stellvertretender Landessprecher, Gruppen- und Regionalsprecher, Ansprechpartner für FAP-Betroffene.