Für Ärztinnen und Ärzte

Herzlich willkommen auf der Ärztinnen- und Ärzteseite von genomDE.
 

Was sollten Sie als Ärztinnen und Ärzte über die Initiative genomDE und das Modellvorhaben § 64e SGB V wissen?
Dazu habe wir wichtige Informationen hier für Sie bereit gestellt.


Die Genommedizin kann ndazu beitragen, die Prävention, Diagnose und Behandlung von bestimmten Krankheiten entscheidend zu verbessern. Deshalb hat die Bundesregierung eine nationale Strategie zur Integration genomischer Diagnostik in die GKV-Regelversorgung entwickelt. Die Initiative genomDE und die gesetzliche Festlegung eines Modellvorhabens sind Bestandteile dieses Entwicklungsplans. Er zielt darauf ab, allen Patientinnen und Patienten, die von genomischer Diagnostik hinsichtlich Diagnosestellung und Therapieoptimierung profitieren können, diese Angebote zugänglich zu machen. Zugleich soll genomDE ein wichtiger Baustein einer künftigen Forschungsdateninfrastruktur im deutschen Gesundheitswesen bilden. Die modellhafte Erprobung der genommedizinischen Versorgung im Rahmen des Modellvorhabens startet am 1. Juli 2024 und konzentriert sich zunächst auf Seltene Erkrankungen sowie erbliche und nicht-erbliche Krebserkrankungen.

Welche Patientinnen und Patienten können profitieren?

Genommedizin verbessert für Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen die Chance auf eine Diagnosestellung. Mit den bisher eingesetzten Verfahren lassen sich krankheitsrelevante genetische Veränderungen insbesondere im Kindesalter identifizieren – allerdings gelingt das bislang nur bei einem Teil der Patienten. Wie internationale Studien zeigen, können durch die genaue phänotypische Charakterisierung der Betroffenen, durch interdisziplinäre Konferenzen, in denen die klinischen und genetischen Befunde erörtert werden, und durch eine anschließende Genom-Analyse Diagnosen häufiger und präziser gestellt werden. Dieses Wissen ist für die Patientinnen und Patienten sowie für ihre Familien enorm wichtig und hat z. B. für intensivpflichtige Kinder auch therapeutische Konsequenzen.

 

Etwa 10-15% der Krebserkrankungen haben eine erbliche Ursache. Bei der parallelen Sequenzierung von Tumor- und Normalgewebe werden die verantwortlichen genetischen Veränderungen häufig auch bei Patientinnen und Patienten gefunden, deren Vorgeschichte nicht typisch für eine erbliche Krebserkrankung ist. Für die Betroffenen und ihre Familien bedeutet die Kenntnis einer genetischen Krebsprädisposition die Chance auf gezielte Prävention und eröffnet in immer mehr Fällen neue Therapieoptionen.

 

Die Genommedizin erlaubt zwar v.a. bei erbliche Krebserkrankung die Identifizierung der kausalen genetischen Varianten. Aber auch bei Patientinnen und Patienten mit seltenen oder fortgeschrittenen sporadischen Tumorerkrankungen können mittels Genommedizin neue therapeutische Targets und damit in vielen Fällen neue Behandlungsmöglichkeiten identifiziert werden.

Wer sind die Leistungserbringer?

Im Modellvorhaben nach § 64e SGB V sollen in definierten Zentren der Universitätsmedizin neue interdisziplinäre Versorgungskonzepte für die Genommedizin bei seltenen und onkologischen Erkrankungen sowie eine Expertise in der Analyse und Auswertung genomischer Daten entwickelt werden. Die Fachrichtungen Pädiatrie, Humangenetik, Pathologie und Onkologie werden dabei einbezogen und bei Bedarf um weitere Fachrichtungen wie Neurologie, Innere Medizin, Ophtalmologie, HNO oder Dermatologie ergänzt.

 

Eigens im Rahmen von genomDE eingerichtete Datenzentren sollen zudem eine übergreifende Auswertung der gewonnenen genommedizinischen Daten ermöglichen, z. B. zur Klärung der Pathogenität von genetischen Varianten, und die Daten für Forschungszwecke im Sinne einer wissensgenerierenden Versorgung bereithalten.

Wie können Patientinnen und Patienten an der genommedizinischen Versorgung teilnehmen?

Eingeschlossen in das Modellvorhaben nach § 64e SGB V werden Patientinnen und Patienten mit einer seltenen Erkrankung oder einer erblichen Tumorerkrankung, bei denen ein Leitlinien-gerechtes Vorgehen zu keiner Diagnosestellung geführt hat. Außerdem können Patientinnen und Patienten mit seltenen oder fortgeschrittenen Tumorerkrankungen teilnehmen, bei denen zu erwarten ist, dass sich aus der Genom-Diagnostik neue Therapieoptionen ableiten lassen.

 

Vor dem Einschluss in das Modellvorhaben muss in interdisziplinären Fallkonferenzen unter Einbeziehung der Humangenetik geprüft werden, ob die genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Wie läuft der Versorgungsprozess beim Leistungserbringer ab?

Für die Patientinnen und Patienten sind klare Zugangswege definiert, die mit der Vorstellung der vorliegenden Befunde in interdisziplinären Konferenzen beginnen. Dort wird über das weitere diagnostische Vorgehen entschieden, insbesondere über den Einsatz genomischer Diagnostik. Vor dem Einschluss in eine Genomanalyse erfolgt eine umfassende Aufklärung der Patientinnen und Patienten im Rahmen einer genetischen Beratung.

 

Auch nach dem Vorliegen der genomischen Befunde, die erneut in einer interdisziplinären Konferenz diskutiert werden, ist eine umfassende genetische Beratung Teil des Versorgungsprozesses. Das Modellvorhaben hat das übergeordnete Ziel, die Ergebnisse der Genommedizin in der Versorgung der Patienten ankommen zu lassen und aus ihnen einen echten Nutzen zu ziehen - auch für die Familie der Betroffenen. Dabei werden die betreuenden Ärztinnen und Ärzte einbezogen und z.B. hinsichtlich der umfassenden Aufklärung über die genomischen Befunde entlastet.

 

Durch seine inhaltlichen und konzeptionellen Beiträge zum Modellvorhaben trägt genomDE dazu bei, Ärztinnen und Ärzte bei der Diagnosesuche sowie der Auswahl von optimalen Präventions-Maßnahmen und bei Therapien zu unterstützen. Die Initiative und die in ihr tätigen Expertinnen und Experten leisten dadurch einen großen Beitrag, um eine individuell auf den einzelnen Patienten angepasste personalisierte Medizin in Deutschland zu ermöglichen.

Prof. Michael Krawczak
Genommedizin ist eine aufstrebende medizinische Disziplin, die die Nutzung genomischer Informationen in der klinischen Versorgung, z. B. für diagnostische oder therapeutische Entscheidungen zum Gegenstand hat. Für die wissenschaftliche Verwendung der im Zuge dessen erzeugten Daten ist wegen ihrer besonderen Schutzwürdigkeit die eingehende Beratung der Patientinnen und Patienten und ihre anschließende informierten Einwilligung unerlässlich.
Prof. Dr. Michael Krawczak, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein Campus Kiel